Spinat, Superfoods oder die Magie des Essens


Für Popeye den Seemann, gibt es nur ein wahres Superfood: Spinat! Wenn er sich eine Dose Spinat einverleibt, ist er nicht mehr zu stoppen und sein Schwinger, lässt die Feinde nur so im hohen Bogen fliegen. Was bei Popeye so gut funktioniert, hat bei mir jämmerlich versagt.
Immer wieder gab es zu Hause Diskussionen, wenn Spinat auf meinem Teller landete. ‚Nein, meinen Spinat, den esse ich nicht!“ Da konnte mir meine Mutter auch das Buch mit dem Suppenkaspar unter die Nase halten und den hohen Eisengehalt des Wunderspinates anpreisen. Nichts zu machen, ich konnte dem grünen Zeug, mit und ohne dem speziellen ‚Blubb‘ nichts abgewinnen.
Außerdem, welches Kind findet die Idee schon verlockend Eisen zu essen? Da denkt man doch eher an Eisenbahnen oder rostige Nägel als an kulinarischen Genuss. Nein, mit diesem Argument biss meine Mutter bei mir sprichwörtlich auf Granit.
Wie sich später herausstellte, war die Sache mit dem Spinat und dem Eisen ein riesiges Missverständnis. Nicht meine Mutter hatte etwas falsch verstanden, sondern die Wissenschaftler und Journalisten, welche die Berechnungen des Physiologen Gustav von Bunge weitergaben. Der hatte ca. 1890, den Eisenwert des Spinats zwar ganz richtig berechnet, allerdings den von getrocknetem Spinat und nicht den von frischem, der besteht nämlich fast nur aus Wasser. Es gehört also zu den Ernährungslügen oder sagen wir lieber Mythen, die uns immer wieder aufgetischt werden.

Und Mythen gibt es rund um die Ernährung reichlich. Nahrungsmittel sind auch aus Märchen und Geschichten nicht wegzudenken, so kann Alice mit Hilfe von Keksen und Getränken wachsen oder schrumpfen,  Adam und Eva naschten  vom Baum der Erkenntnis, Hänsel und Gretel vom Knusperhaus.
Schon immer schien der Mensch fasziniert gewesen zu sein, von der Wirkung all jener Dinge, die er zu sich nimmt. Nachvollziehbar, schließlich sorgte so manche Beere für Tod und ein Pilz für Halluzinationen. Selbstverständlich wurde also schon immer geforscht, welche Lebensmitteln Wunderkräfte enthalten könnten.
Im Harem wurde der Saft von Auberginen getrunken, um den Teufel zu vertreiben, anderswo wurden und werden immer noch Austern geschlürft, um Manneskraft und erotische Gefühle zu stärken. llja Rogoff und Kefir suggerieren uns, dass wir locker über hundert Jahre alt werden können, wenn wir nur brav Knoblauchpillen oder Sauermilch zu uns nehmen. Wir hatten sogar Bekannte, die ihre Badewanne nicht mehr nutzten, weil dort ein Kombuchapilz relaxte, den man dann zu einem gesunden Getränk weiterverarbeitete.
Früher haben die Menschen ganz intuitiv nach Ähnlichkeiten zwischen dem Lebensmittel und unseren Organen Ausschau gehalten. So eine Walnuss hat doch große Ähnlichkeit mit dem Gehirn – kombiniere: Das wird dann wohl auch dafür gut sein. Und so Unrecht hatten unsere Vorfahren oft gar nicht. Eine Mohrrübe, hat in Scheiben geschnitten, große Ähnlichkeit mit einem Auge, auch wenn es das von einem Albino ist. Die Wissenschaft hat die Karotte als Wundermittel fürs Sehorgan bestätigt. Wer zum Beispiel eine Avocado aufschneidet, kann mit nur etwas Fantasie an den Bauch einer Schwangeren erinnert werden. Manchmal spiegelt sich dies, noch in den Bezeichnungen wieder wie z.B. bei der Kidneybohnen.
Für die Menschen ist dieses Thema auch so interessant, weil bei fehlender Nahrung der Tod schnell an die Haustür klopft. Das Wort Lebensmittel sagt es ja schon! Es sind Mittel zum Leben.

Gern wird immer das Beispiel von dem Auto und dem dazu passenden Benzin angebracht. Niemand käme auf die Idee, ein Diesel-Auto mit Super-Benzin zu betanken, egal wie günstig es wäre.
Doch wir essen lustig alles worauf wir Appetit haben, auch wenn wir genau wissen, dass uns bestimmte Lebensmittel nicht bekommen. Gut, wir werden uns jetzt nicht freiwillig einen Schirlingssalat machen, aber bei allseits anerkannt essbarer, aber dennoch destruktiver Nahrung greifen wir zu. Schließlich hat es noch niemanden umgebracht. Zumindest nicht auf der Stelle, sondern eher langsam, geradezu schleichend verstopfen Cholesterin und Co. die Blutbahnen und lassen Organe verfetten. Das kann man noch gut verdrängen, auch wenn der Hosenbund merklich zu kneifen anfängt. Obwohl, in letzter Zeit wird immer deutlicher darauf hingewiesen, wie schädlich Übergewicht und erhöhte Blutfettwerte sind. Trotzdem wehre ich mich dagegen meine Pommes, Chips und Eiscreme so vollkommen zu verdammen. Die Dosis macht schließlich das Gift!

Unser Körper ist im Grunde nichts anderes als ein Chemie-Baukasten, der es uns übel nimmt, wenn wir uns einseitig ernähren. Obwohl wir heute aus einem übervollen Angebot an Nahrungsmitteln wählen können, schränken wir uns gerne ein und streichen rigoros Lebensmittel von unserer Speisekarte. Dabei hat sich die Natur schon etwas gedacht, als sie das verschiedenste Obst, Gemüse und Getreide entwickelte.
Wir legen Wert auf eine bestimme Ernährungsweise und da muss man halt Opfer bringen (Allergien / Nahrungsmittelunverträglichkeiten ), oder tut dies bewusst, als Ausdruck eines speziellen ethischen, gesundheitlichen, religiösen oder philosophischen Lifestyles.
Wer sich früher darauf freute, für Freunde zu kochen, denkt heute mit Grausen daran. „Es wird gegessen was auf den Tisch kommt“, dieser Satz ist schon lange Geschichte. Vorbei die Zeiten, als es einfach war, die kleinen Gäste beim Kindergeburtstag satt zu bekommen. So individuell der Einzelne geworden ist, drückt sich dies seit einigen Jahren auch besonders gerne im Speiseplan aus. Wobei ich dagegen nichts sagen kann, schließlich streikte meine Tochter schon mit vier Jahren und schubste Fischstäbchen und Würstchen energisch vom Teller. Sie wollte keine Tiere essen und ich ließ sie gewähren. Also ist dies keine Kritik, lediglich eine Beobachtung.

Der neueste Trend sind jetzt die sogenannten Superfoods: Chia-Samen, Goji-Beeren, Matcha-Tee und Co.. Wer sich heute fit und gesundheitsbewusst präsentieren möchte, kommt um das Frühstück mit Quinoa kaum herum. Die Namen versprechen etwas ganz besonderes, exotisches, etwas, dass nicht jeder kennt, etwas, dass im Supermarkt meist nicht erhältlich ist. Weckt es den Sammler und Jäger in uns? Oder ist es der Indiana Jones in uns, der Maca und Baobab im Internet sucht und sich an Weizengrassaft labt? Dagegen wirken Kakao, Banane, und Avocado richtig langweilig. Da haben schließlich sogar die Großeltern nicht einmal Berührungsängste.

Ich bin ganz ehrlich, für mich ist saisonales Gemüse, möglichst noch regional eine verlockende Alternative. Wie heißt es doch immer so schön: Warum in die Ferne schweifen, wenn das Gute so nahe liegt? Ich denke, die Natur ist schon ziemlich clever und lässt für unsere Breitengrade, passend zu den verschiedenen Jahreszeiten, die perfekten Früchte und Gemüsesorten wachsen. Grünkohl und Rosenkohl im Winter, Spargel im Frühjahr, Salat im Sommer und im Herbst Kürbisse. Nicht zu vergessen die leckersten Beeren, Äpfel, Pflaumen, Birnen und was sonst noch Leckeres an Bäumen und Büschen wächst. Natürlich sind darunter auch einige Einwanderer, wie z.B. die Kartoffeln oder die Tomaten, die sich aber auf den heimischen Feldern und in unseren Kochtöpfen pudelwohl fühlen.

Damit wir uns nicht falsch verstehen, ich schaue auch gerne über meinen Tellerrand und entdecke gerne neue Rezepte. Ich koche gerne indisch, afrikanisch und möchte jetzt auch gerne mexikanische Gerichte ausprobieren. Doch manches riecht einfach nur nach Geschäftemacherei, die viel verspricht und oft mit anderen, meist wesentlich günstigeren Alternativen, nicht immer mithalten können.
Kaum entsteht ein neuer Lebensmitteltrend, setzt sich die Industrie in Gang. Plötzlich liegen in den Buchhandlungen Berge an Kochbüchern zu dem Thema aus, gibt es ganz neue Fitness-Gurus und jede Menge Zubehör, von den Produkten an sich ganz zu schweigen. Die gesundheitsfördernden Eigenschaften der Superfoods, lassen schon fast an ein Medikament denken.

Obwohl ich hier gerade keine Lanze für diese Art von Lebensmitteln brechen möchte, ist es doch, wie oben schon erwähnt, unbestritten, dass Pflanzen eine nicht zu unterschätzende Wirkung auf unseren Körper haben. Wer sich mit Eisenhut, Grüner Knollenblätterpilz oder rohen Bohnen beschäftigt hat, ahnt, was so eine Pflanze mit dem Körper anrichten kann, da hilft dann nur noch das nächste Krankenhaus.

Ich glaube, an die Heilkraft, die im Essen liegen kann, aber dank den ständigen Verunsicherungen und neuen Trends, ist es sinnvoll, sich selbst ein Bild zu machen. Auf Studien kann man da leider nur wenig vertrauen. Man muss sollte erst prüfen, von wem die Studie finanziert wurde, wie der Aufbau war etc.. Alles in allem ist die Ernährungswissenschaft ein sehr umstrittenes Feld, das ständig seine Aussagen ändert.
Vor die Wahl gestellt, würde ich lieber zu Goji-Beeren greifen, als zum Löffel Lebertran, der gottlob aus der Mode gekommen ist.

Ich finde, wir sollten alle entspannter mit dem Thema Ernährung umgehen und auch mal Kompromisse eingehen, damit die Gemütlichkeit eines gemeinsamen Essens nicht schon bei der Vorspeise scheitert. Dabei bedarf es noch nicht einmal dem neuen Lifestyle-Trend ‚Hygge‘, der kalorienreich mit dänischem Gebäck besticht.
Manchmal ist es einfach das Gefühl, unter Freunden zu sein, ein Glas Wein zu trinken, herzhaft zu lachen und etwas Leckeres mit allen Sinnen zu genießen, um uns entspannter,  glücklicher und gesünder zu werden.


Kommentare

  1. Freue mich, dass du jetzt auch Blog schreibst :-*

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  2. Das war ja super interessant, bin schon gespannt über was du hier alles schreibst �� ��

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    1. Vielen Dank, freue mich, dass es dir gefallen hat.

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  3. Ein sehr interessanter Bericht, liebe Ilona! Ich freue mich sehr, dass du dich zum Bloggen entschlossen hast und werde sicher regelmäßig bei dir vorbei schauen.
    Liebe Grüße
    Susanne

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    1. Liebe Susanne, ich freue mich sehr, dass ich wieder einmal von dir höre.
      Ganz liebe Grüße
      Ilona

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  4. Ich freue mich auch, dass jetzt Blog schreist :-)

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  5. Freut mich sehr, daß wir nach Sina nun auch Dich, geschätzte Ilona, in den Untiefen der Bloggersphäre begrüßen dürfen.
    Alles Gute für euch und liebe Grüße!
    Jessica

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